Bauformen
Welche Bauformen gibt es?
1. Receiver-in-Canal (RiC)
Beschreibung:
Bei RiC-Hörgeräten (auch "Hörer-im-Ohr" genannt) befindet sich der Großteil der Technik hinter dem Ohr, aber der Lautsprecher (Receiver) sitzt direkt im Gehörgang. Der Lautsprecher ist durch ein dünnes Kabel mit dem Gerät hinter dem Ohr verbunden.

Bildquelle: www.phonak.com
Vorteile:
- Klein und diskret: Da der Lautsprecher im Gehörgang sitzt, kann das Gerät kleiner gestaltet werden und ist oft weniger sichtbar als klassische HdO-Modelle.
- Gute Klangqualität: Die Positionierung des Lautsprechers näher am Trommelfell ermöglicht eine bessere Klangübertragung und oft klareren Klang, insbesondere im Hochfrequenzbereich.
- Geringeres Feedback-Risiko: Durch die Trennung von Mikrofon und Lautsprecher reduziert sich die Wahrscheinlichkeit von Rückkopplungen (Pfeiftöne).
- Vielseitigkeit: RiC-Geräte eignen sich sowohl für leichte als auch für schwere Hörverluste. Sie können oft flexibel an verschiedene Hörsituationen angepasst werden.
Nachteile:
- Empfindlichkeit für Feuchtigkeit: Da der Lautsprecher im Gehörgang sitzt, ist er anfälliger für Feuchtigkeit und Ohrenschmalz, was regelmäßige Wartung und Pflege erforderlich macht.
- Nicht für alle Hörverluste geeignet: Bei sehr starkem Hörverlust oder speziellen anatomischen Gegebenheiten des Gehörgangs könnte ein anderes Modell besser geeignet sein.
2. Hinter-dem-Ohr (HdO)
Beschreibung:
HdO-Hörgeräte sitzen vollständig hinter dem Ohr. Der Schall wird über einen Schlauch in einen im Ohr platzierten Ohrpassstück (Otoplastik) geleitet. Diese Bauform wird häufig bei starkem bis hochgradigem Hörverlust eingesetzt.

Bildquelle: www.oticon.de
Vorteile:
- Leistungsstark: HdO-Geräte bieten die stärkste Verstärkung und sind daher besonders für Menschen mit schwerem oder hochgradigem Hörverlust geeignet.
- Robust: Sie sind weniger anfällig für Feuchtigkeit und Ohrenschmalz, da sich alle empfindlichen Komponenten hinter dem Ohr befinden.
- Längere Batterielaufzeit: Aufgrund der größeren Größe können stärkere Batterien verwendet werden, was oft zu längerer Betriebsdauer führt.
- Vielfältige Funktionen: HdO-Geräte sind oft technologisch ausgereift und bieten Platz für zahlreiche Zusatzfunktionen wie Bluetooth-Konnektivität, Richtmikrofone oder Störgeräuschunterdrückung.
Nachteile:
- Sichtbarkeit: Diese Geräte sind in der Regel größer und sichtbarer als RiC- oder IdO-Geräte, was für manche Träger ästhetisch weniger ansprechend ist.
- Weniger natürliche Klangqualität: Da der Schall über den Schlauch ins Ohr geleitet wird, kann es zu einer weniger natürlichen Klangwahrnehmung kommen, insbesondere bei höheren Frequenzen.
- Weniger Komfort: Einige Träger empfinden das Tragen eines Ohrpassstücks als weniger komfortabel, besonders bei empfindlichen Gehörgängen.
3. In-dem-Ohr (IdO)
Beschreibung:
IdO-Hörgeräte sitzen vollständig im Gehörgang oder in der Ohrmuschel. Es gibt verschiedene Größen: von „In-the-ear“ (ITE), das die Ohrmuschel füllt, bis zu „Completely-in-canal“ (CIC), das nahezu unsichtbar im Gehörgang sitzt.

Bildquelle: www.signia-pro.com
Vorteile:
- Diskretion: Insbesondere CIC- und IIC-Geräte (Invisible-in-canal) sind nahezu unsichtbar, da sie tief im Gehörgang platziert werden. Diese Bauform ist besonders für Menschen attraktiv, die Wert auf ein unauffälliges Design legen.
- Natürliches Hören: Da sich das Mikrofon näher am Gehörgang befindet, kann der natürliche Klang des Ohrs besser genutzt werden, was zu einem natürlicheren Hörerlebnis führt.
- Kein Windrauschen: Durch die Positionierung im Gehörgang sind diese Geräte weniger anfällig für Windgeräusche.
Nachteile:
- Geringere Leistung: Aufgrund der kleinen Bauform bieten IdO-Geräte in der Regel weniger Verstärkung als HdO-Geräte, was sie weniger geeignet für Menschen mit starkem oder hochgradigem Hörverlust macht.
- Weniger Zusatzfunktionen: Aufgrund der Größe haben IdO-Geräte oft weniger Platz für fortschrittliche Funktionen wie Richtmikrofone oder Bluetooth.
- Schwieriger zu handhaben: Die kleinen Bedienelemente und Batterien dieser Geräte können für Menschen mit eingeschränkter Feinmotorik schwer zu handhaben sein.
- Wartung: Da sie tief im Gehörgang sitzen, sind sie anfälliger für Ohrenschmalz und Feuchtigkeit, was eine regelmäßige Reinigung erfordert.
Wissenschaftliche Quellen und Fachliteratur:
-
Dillon, H. (2012). Hearing Aids. Thieme Medical Publishers.
Dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick über Hörgeräte, deren Bauformen und die technischen Aspekte, die bei der Auswahl berücksichtigt werden sollten. Es beschreibt auch die Anpassung und die wissenschaftlichen Grundlagen für die Wahl bestimmter Bauformen. -
Ricketts, T. A., & Hornsby, B. W. (2005). Directional hearing aid benefit in listeners with severe hearing loss. International Journal of Audiology, 44(9), 489-499.
Diese Studie untersucht die Vorteile von Richtmikrofonen in verschiedenen Hörgeräten und stellt fest, dass HdO-Geräte, insbesondere bei starkem Hörverlust, eine bessere Verstärkung und Leistung bieten. -
Kochkin, S. (2010). MarkeTrak VIII: Consumer satisfaction with hearing aids is slowly increasing. Hearing Journal, 63(1), 11-13.
Eine große Studie zur Zufriedenheit von Hörgeräteträgern, die zeigt, dass die Wahl der richtigen Bauform einen wesentlichen Einfluss auf die Benutzerzufriedenheit hat. -
Picou, E. M., & Ricketts, T. A. (2017). The performance of hearing aids in complex environments. Hearing Research, 344, 58-69.
Diese Studie befasst sich mit der Leistung von Hörgeräten in geräuschvollen Umgebungen und hebt hervor, dass RiC- und HdO-Geräte in solchen Szenarien oft besser abschneiden als IdO-Geräte.